Durchsetzung von Löschungsansprüchen

Bewertungen von Käufern, Patienten, Gästen und Kunden auf so unterschiedlichen Portalen wie Google, Amazon, Ebay, Jameda, Tripadvisor usw. haben für die Entscheidung für einen Online-Shop, einen Arzt, ein Hotel oder ein Restaurant eine immer größere Bedeutung.

Wenn diese Bewertungen negativ sind, können sie geschäftsschädigend sein, weil sie Kunden vom Kauf, Gäste von einer Hotelbuchung oder Patienten von der Wahl einer Arztpraxis abhalten. Sind sie unwahr, beleidigend oder offensichtlich rechtswidrig, so besteht in der Regel ein Anspruch, sie zu löschen.

Löschungsanspruch bei unwahren Bewertungen, unzulässigen Meinungsäußerungen oder offensichtlich rechtswidrigen Inhalten

Nicht gegen jede schlechte Bewertung kann vorgegangen werden, denn grundsätzlich fallen Bewertungen unter die Meinungsfreiheit. Das hat der BGH in mehreren Urteilen festgestellt (“Spickmich”-Urteile VI ZR 196/08 und VI ZR 358/13).

Ein Anspruch auf Löschung von Bewertungen besteht aber, wenn sie

(1)  aufgrund eines durch die unwahre Tatsachenbehauptung geschaffenen Zustandes zu einer dauernden Rufbeeinträchtigung führen (BGH Urteil vom 28.7.2015 – VI ZR 340/14),

(2)  als unzulässige Meinungsäußerung zu bewertende Beleidigung zu einer allgemeinen Persönlichkeitsverletzung führen oder

(3)  einen offensichtlich rechtswidrigen Inhalt nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) haben.

Portalbetreiber als Adressat des Löschungsanspruchs

In vielen Fällen benutzt der Verfasser nicht seinen Klarnamen. Da ein Auskunftsanspruch gegen den Portalbetreiber schwer durchzusetzen ist, ist es sinnvoll, sich mit dem Löschungsbegehren direkt an den Portalbetreiber zu wenden. Dieser ist als sog. Host-Provider zwar nicht dazu verpflichtet, fremde Bewertung vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen, doch er hat die Pflicht, konkreten Beanstandungen nachzugehen und bei auf der Grundlage der Behauptung zu bejahenden Rechtsverstößen die auf seinem Portal veröffentlichte Bewertungen zu löschen (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15 – jameda.de II).

Inhalt der Beanstandung

Die Aufforderung an den Portalbetreiber, die negative Bewertung zu entfernen, sollte mehr als nur die pauschale Behauptung enthalten, dass die Kritik unzutreffend sei. Sie muss so konkret sein, dass sie dem Portalbetreiber ermöglicht eine Entscheidung zu treffen, ob die behaupteten Rechtsverstöße vorliegen (s.o., BGH – jameda.de II).

Wichtig ist zudem das Setzen einer Frist für die Prüfung der Beanstandung.

Bei einem offensichtlich rechtswidrigen Inhalt nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) wie z.B.  bei Hassrede, Bedrohungen oder offensichtlichen Beleidigungen muss die Löschung der Online-Bewertung innerhalb von 24 Stunden erfolgen (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 NetzDG).

War die Aufforderung zur Löschung nicht erfolgreich, so ist der nächste Schritt die Abmahnung des Portalbetreibers, dem dann entweder ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder die Erhebung einer Klage folgt.

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

Reagieren der Portalbetreiber bzw. der Verfasser nicht auf die Abmahnung, kann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt werden, wenn ein Verfügungsgrund vorliegt. Das Begehren des Verfügungsklägers muss dringlich sein, so dass ihm nicht zugemutet werden kann, den Weg eines Klageverfahrens einzuschlagen und auf den Erlass eines Vollstreckungstitels zu warten. Ob die erforderliche zeitliche Dringlichkeit vorliegt, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. In der Regel kann jedoch ein Zuwarten von mehr als einem Monat als dringlichkeitsschädlich angesehen werden. (OLG Nürnberg, Beschluss v. 13.11.2018 – 3 W 2064/18): Bewertung eines Physiotherapeuten auf Google)

An der Dringlichkeit fehlt es ebenfalls, wenn das Bewertungssystem des Plattformbetreibers die Möglichkeit vorgesehen ist, einen Gegenkommentar zu der negativen Bewertung abzugeben, um so dem Betroffenen die Gelegenheit zu geben, seine Rechte wahrzunehmen und drohende gravierende Nachteile bis zum Erlass eines Urteils zu verhindern. (OLG Köln, Urteil v. 8.3.2012 – 15 U 193/11: Bewertung der Betreiberin eines Online-Shops auf ebay)

Klage auf Löschung

Wird dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wird, wird die Verfügung aber nicht innerhalb eines Monats vollzogen (gem. § 929 Abs. 2 ZPO), so ist es notwendig, Klage zu erheben werden, um den Löschungsanspruch durchzusetzen.

Dr. Verena Jütte

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